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Raumfahrt

Starliner: Rückflug ohne Crew bestätigt

Astronauten der Boeing-Raumkapsel bleiben bis Februar 2025 auf der ISS

Boeing Starliner
Die Starliner-Raumkapsel von Boeing, angedockt an der Internationalen Raumstation ISS. Sie wird nun ohne ihre beiden Astronauten zur Erde zurückgeholt. © NASA

Jetzt ist es amtlich: Die von Defekten geplagte Starliner-Kapsel von Boeing wird unbemannt von der Internationalen Raumstation ISS zur Erde zurückgeholt – und die beiden Test-Astronauten bleiben bis 2025 auf der ISS. Sie werden Teil der nächsten ISS-Crew und sollen dann mit einer Dragon-Kapsel von SpaceX im Februar zur Erde zurückkehren, wie die NASA am 24. August in einer Pressekonferenz mitteilte. Diese Änderungehat allerdings erhebliche logistische und technische Folgen auch für andere Raumfahrtmissionen.

Es ist eine weiter Schlappe für das US-Unternehmen Boeing: Ihre neue Raumkapsel Starliner soll eigentlich die zweite Transportmöglichkeit der USA für bemannte Flüge zur ISS werden – nach der Dragon-Crewkapsel von SpaceX. Doch schon beim bemannten Erstflug zur ISS am 6. Juni 2024 gab es technische Probleme: Antriebsdüsen fielen aus und es gab Heliumlecks. Zwar konnte der Starliner an die Raumstation andocken und die beiden NASA-Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams an ihr Ziel bringen.

Doch ob die Starliner-Kapsel sicher genug für den riskanten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre sein würde, blieb unklar. Die beiden Astronauten konnten daher nicht wie geplant nach acht Tagen zur Erde zurückkehren sondern blieben vorerst auf der ISS gestrandet. Während der letzten gut zwei Monate haben NASA und Boeing unzählige Tests durchgeführt, um die technischen Probleme und das Risiko bei einem bemannten Rückflug zu klären.

NASA-Pressekonferenz
Keine guten Nachrichten: Die Pressekonferenz von NASA und Boeing zur Starliner-Entscheidung am 24. August 2024. © NASA

Boeing-Raumkapsel nicht sicher genug

Jetzt ist die Entscheidung gefallen: Die Starliner-Kapsel wird ohne die beiden Astronauten zur Erde zurückgeholt, wie die NASA auf einer Pressekonferenz mitteilte. Die Entscheidung sei nach einer anonymen Befragung aller Beteiligten bei der NASA und bei Boeing gefällt worden. Dabei hatten sich eine Mehrheit der NASA-Ingenieure und Missionsverantwortlichen gegen einen bemannten Rückflug der Boeing-Kapsel entschieden. Stattdessen soll der Starliner nun unbemannt abdocken und zur Erde zurückkehren.

„Die Raumfahrt ist selbst bei Routineflügen eine riskante Angelegenheit. Und ein Testflug ist schon von seiner Natur aus weder sicher noch Routine“, sagte NASA-Administrator Bill Nelson. „Die Entscheidung, Butch und Suni auf der Internationalen Raumstation zu lassen und Boeings Starliner ohne Besatzung zurückzuholen, ist das Ergebnis unserer Verpflichtung zur Sicherheit – sie ist unser Kernwert.“

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Starliner wird unbemannt zur Erde zurückgeholt

Für die wegen ihrer zahlreichen Pannen in der Luftfahrt ohnehin gebeutelte Firma Boeing ist diese Entscheidung ein schwerer Schlag, auch wenn ihre Vertreter sich um Optimismus bemühten. Auch die NASA betonte, dass sie weiterhin mit Boeing zusammenarbeiten werde: „Der Starliner ist ein sehr fähiges Raumfahrzeug. Letztlich lief es aber darauf hinaus, dass wir ein höheres Niveau der Sicherheit brauchen, um einen bemannten Rückflug durchzuführen“, erklärte Steve Stich vom Commercial Crew Program der NASA.

Geplant ist nun, den Starliner so umzuprogrammieren, dass er wie bei seinem unbemannten Jungfernflug autonom von der ISS abdockt und zur Erde zurückkehrt. Bei dieser für Anfang September geplanten Rückholung sollen weitere Tests durchgeführt werden: „Wir haben bereits während des Hinflugs zur ISS und den angedockten Tests eine Menge gelernt“, sagte Ken Bowersox vom Operationsdirektorat der NASA bei der Pressekonferenz. „Beim unbemannten Rückflug werden wir weitere Daten sammeln und dadurch das System für künftige Flüge zur Raumstation verbessern.“

Williams und WIlmore auf der ISS
Die NASA-Astronauten Sunita Williams and Barry Wilmore sollten eigentlich nur acht Tage auf der ISS bleiben – jetzt werden es acht Monate. © NASA

Acht Monate statt acht Tage

Was aber bedeutet diese Entscheidung für die beiden gestrandeten Test-Astronauten – und für die Besatzung der ISS? Weil weder Gelder noch eine Raumkapsel zur Verfügung stehen, um Suni Williams und Butch Wilmore außer der Reihe nach Hause zu holen, müssen sie auf die nächste reguläre Rückflugmöglichkeit warten. Doch beim nächsten, für Mitte September anstehenden Crewwechsel auf der ISS sind bereits alle Rückflug-Plätze in der Dragon-Kapsel von SpaceX belegt.

Deshalb müssen Williams und Wilmore nun bis Februar 2025 auf der ISS bleiben. Sie werden nun offiziell Teil der nächsten ISS-Besatzung, wie die NASA mittteilte. Doch das hat Konsequenzen für die vier ursprünglich für diese Crew-Rotation eingeteilten Astronauten: Damit ihre beiden gestrandeten Kollegen im Februar in der Dragon-Kapsel zurückkehren können, müssen zwei der vier regulären Crewmitglieder nun am Boden bleiben – für die Betroffenen ein herber Rückschlag.

Erhebliche logistische Konsequenzen

Für die NASA bringt diese Notlösung eines an technischem und logistischem Aufwand mit sich. So müssen nun die individuell angepassten Sitze der Dragon-Kapsel für die Maße von Williams und Wilmore umgebaut werden. Zudem muss die mitfliegende Fracht kurzfristig ausgetauscht werden, um Kleidung, Raumanzüge und persönliche Dinge der beiden Test-Astronauten in den Orbit zu bringen.

Weitaus gravierender dürfte jedoch die Verzögerung im Startablauf von Cape Canaveral sein: Ursprünglich sollte die nächste ISS-Crew schon im August zur Raumstation starten. Wegen der ausstehenden Entscheidung über den Starliner wurde dieser Start jedoch auf nun frühstens den 24. September 2024 verschoben. Damit kollidiert er mit mehreren weiteren Missionen: Mitte September sollte eigentlich auch eine russische Soyuz-Kapsel zur Internationalen Raumstation fliegen, auch ihr Zeitplan muss nun so koordiniert werden, dass nicht beide gleichzeitig eintreffen.

Startampe SLC-40
Start einer Falcon-9-Rakete vom Startkomplex SLC-40 in Cape Canaveral bei einem unbemannten Frachtflug zur ISS. Von hier werden am 24.September 2024 erstmals Astronauten zur ISS starten. © NASA

Engpässe und eine Premiere in Cape Canaveral

Zeitliche Konflikte gibt es auch mit der NASA-Mission Europa Clipper, einer unbemannten Raumsonde, die zum Jupitermond Europa fliegen soll. Ihr Start ist für Anfang Oktober geplant und findet auf der Startrampe in Cape Canaveral statt, die bisher auch für die Starts der SpaceX-Flüge zur ISS verwendet wurde. Weil sich die Startanlagen aber nicht so schnell umrüsten lassen, muss die NASA umdisponieren: Der anstehende ISS-Crewwechsel muss nun vom Startkomplex 39A auf die südlich davon gelegene Startrampe SLC-40 ausweichen.

Diese ursprünglich vom US-Militär genutzte Startrampe SLC-40 wird seit 2007 von SpaceX für die Starts der Falcon-9-Raketen genutzt. Sie war jedoch bisher nur für unbemannte Missionen wie Satellitentransporte und unbemannte Frachtflüge zur ISS zugelassen. Seit Anfang 2023 wurde Startkomplex SLC-40 jedoch so umgebaut, dass auch bemannte Flüge mit der Dragon-Crewkapsel dort starten können. Der anstehende Start am 24. September 2024 wird nun die Premiere für den Flug von Astronauten von dieser Startrampe aus sein.

Quelle: NASA

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